geschrieben von S. Müller am 27.08.2018
Football-Fans auf der ganzen Welt sehnen sich wie jedes Jahr
nach dem August, denn die scheinbar endlose Zeit der Langeweile nach dem Super
Bowl Anfang Februar ist dann vorbei. Nicht nur das Hall of Fame – Game und die
Preseason läuten nun die neue NFL-Saison ein, sondern natürlich auch der
alljährliche Ableger der Madden-Serie von EA. Ob Madden 19 für
Begeisterungsstürme sorgt, oder nur ein laues Lüftchen bleibt, lest ihr im
folgenden Test.
The look of a
champion
„Der Mensch ist ein Augentier“ heißt es ja oft, da wir den
Großteil unserer Sinneseindrücke über die Optik wahrnehmen. In diesem Sinne
macht Madden im Jahr zwei der hauseigenen Frostbite Engine alles richtig. Das
Geschehen auf dem Platz sieht einfach grandios aus und fühlt sich dazu auch
noch klasse an. Neben überarbeiteten Stadien und Lichteffekten sind es vor
allem die Akteure auf dem Rasen, die für Staunen sorgen, denn nicht nur die
Visuals der Spieler können überzeugen, sondern vor allem deren Bewegungen. Dies
ist der neuen „Real Player Motion“ Technik zu verdanken, welche für mehr
Realismus sorgen soll und auch in den anderen Sportsimulationen von EA
zukünftig zum Einsatz kommen wird. Hier merkt man am deutlichsten den
Unterschied zum Vorgänger Madden 18. Fast sämtliche Animationen sehen deutlich
flüssiger und natürlicher aus und lassen sich teilweise von Spieler zu Spieler
genau unterscheiden. Ob markante Laufstile, spezielle Gesten vor den Spielzügen
oder gar Celebrations nach gelungenen Aktionen – man erkennt die Vorbilder aus
der Realität nun auch ohne zwingend auf die Rückennummer zu schauen. Gerade die
steuerbaren Jubelszenen nach einem Touchdown werden im Multiplayer für den ein
oder anderen Lacher sorgen, wenn man dem Gegner in Verbindung mit amtlichem
Trashtalk durch einen Tanz oder eine Team-Choreografie zusätzlich zeigen kann,
wie toll man ist. Selbstverständlich haben die neuen Moves aber auch positive
Auswirkungen auf das allgemeine Spielgefühl. Neben der verlangsamten
Spielgeschwindigkeit, die sich nun mehr nach Simulation als Arcade anfühlt, sorgen
flüssige Spins, Jukes und weitere Moves für volle Kontrolle. Auch die
Unterschiede zwischen normalem Lauf und Vollsprint sind nun weitaus größer als
zuvor. Leider lässt sich dies nicht für die Sprüche der Kommentatoren
behaupten. Zu viele Phrasen und Sprüche des Duos bestehend aus Branden Gaudin
und Charles Davis sind altbekannt und nerven bereits nach wenigen Spielen durch
ihre ständige Wiederholung. Hier besteht jedoch Hoffnung, dass im Saisonverlauf
durch Patches und Aktualisierungen mehr Vielfalt hinzukommt.
Two out of three
So oder so ähnlich könnte das Motto für die Moduswahl
lauten, denn im Gegensatz zum Franchise-Mode und dem allseits beliebten Madden
Ultimate Team (MUT) fällt der Storymodus „Longshot“, welcher im letzten Jahr
seine Premiere feierte, deutlich ab. In „Longshot: Homecoming“ verfolgen wir
die Karrieren von Quarterback Devin Wade und Wide Receiver/Sänger Colton Cruise
weiter, nachdem der erste Abschnitt mit dem NFL Draft zu Ende ging. Wade hat es
mittlerweile zu den Dallas Cowboys verschlagen, wo er weiterhin auf einen
Kaderplatz hofft und versucht seine Schwächen im Play Calling in den Griff zu
bekommen. Cruise dagegen wartet immer noch auf einen Anruf eines Teams, welches
ihn eventuell verpflichten könnte und konzentriert sich auf seine Karriere als
Countrysänger, nachdem er mit seinem Song „Longshot“ zumindest einen kleinen
Hit landen konnte. Das Schicksal der beiden wird auch dieses Mal als eine Art
interaktiver Film geschildert, in welchem Cutscenes durch kurze
Gameplay-Abschnitte unterbrochen werden. Zwar hat man diesmal öfter den
Controller in der Hand als noch beim Vorgänger, aber man wird das Gefühl nicht
los, dass alles irgendwie gezwungen und sehr klischeehaft wirkt. Die Qualität
der Geschichte rangiert eher in der B-Movie-Kategorie. Mit knapp drei Stunden
Spielzeit ist Longshot zwar dadurch ein eher kleines Übel, aber es ist
ärgerlich, wie viel Potenzial man an dieser Stelle verschenkt hat. Vielleicht
holt man sich ja für nächstes Jahr ein wenig Rat bei den Kollegen von FIFA und
ihrer Journey.
Wie bereits erwähnt können die beiden anderen Modi aber
durchweg punkten. Bei MUT hat EA den Luxus nicht viel verändern zu müssen. Fans
fahren jedes Jahr gleichermaßen auf das virtuelle Sammelkarten-Spiel ab und
versuchen, ihr Dream Team zusammen zu bekommen. Neu sind die Solo Battles gegen
Teams, die von den Entwicklern, Prominenten oder Spielern erstellt worden. Hier
kommen auch Spieler auf ihre Kosten, die sich nicht gerne online mit anderen
messen und lieber gegen die CPU spielen wollen – dies ist nun auch in MUT
Squads möglich, wo ihr gemeinsam mit zwei Freunden die Geschicke eures Teams
lenkt. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, Spieler zu upgraden, um sie
einerseits stärker in den Stats zu machen und andererseits eurem Spielstil
besser anzupassen. Dies wird höchstwahrscheinlich der neue Grind in MUT werden.
Glücklicherweise kann man sich aber einen Teil der investierten Punkte
zurückholen, falls man diese lieber anderweitig verwenden möchte.
Im Franchise-Modus wurde ein lange von den Fans gefordertes
Feature eingeführt: „Draft Classes“ können nun erstellt und mit der Community
geteilt werden – dies sorgt für mehr Realismus, da sich die Enthusiasten viel
Mühe geben werden, die Jahrgänge nah an der Realität zu erschaffen. Eine
weitere Neuerung, von der vor allem Spieler mit weniger Erfahrung und
Fachwissen profitieren werden, ist die Einführung von „Offensive and Defensive
Schemes“, welche die geeigneten Spieler bei Trades, in der Free Agency oder im
Draft hervorheben, sodass sie gut zu eurem Team und Spielstil passen. Neue
Spezialpositionen wie zum Beispiel „Slot Cornerback“ bringen weitere Tiefe in
Sachen Depth Chart und Gameplan.